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Empfehlungen zu nicht abgeholten Waren im Rahmen von Reparaturaufträgen

Wie lange muss nicht abgeholte Kundenware aufbewahrt werden? Was gilt es bei der Beseitigung von "Altlasten" zu beachten?

Als VSGU haben wir über unseren Rechtsdienst die relevanten gesetzlichen Grundlagen in Bezug auf nicht abgeholte Uhren- und Schmuckwaren im Rahmen von Reparaturaufträgen recherchiert und nachfolgend mit den entsprechenden Handlungsempfehlungen aufgearbeitet.  
 

Rechtliche Grundlagen

Wird eine Sache (Schmuckstück, resp. Uhr) dem Unternehmen zwecks Reparatur übergeben und von diesem angenommen, ist ein Werkvertrag im Sinne von Art. 363ff. OR entstanden. Dies unter der Voraussetzung, dass Einigkeit in Bezug auf den Kostenvoranschlag herrscht, sofern ein solcher gewünscht wurde. In der Folge ist das Unternehmen (Uhrenfachgeschäft, Goldschmied:in) zur Reparatur der Sache verpflichtet, die Kundschaft zur Leistung der entsprechenden Vergütung. 

Wie ist nun vorzugehen, wenn die Kundschaft nach erfolgter Reparatur die Ware trotz Aufforderung durch das Unternehmen nicht abholt? In jedem Fall darf die Ware nicht einfach entsorgt oder eigenständig verkauft werden. 

Rechtlich stehen dem Unternehmen (= Schuldner der Reparatur) verschiedene Möglichkeiten zu, die Dauer der Aufbewahrungspflicht zu limitieren. Darüber hinaus kann es gestützt auf den sogenannten «Gläubigerverzug» einen sog. «Selbsthilfeverkauf» vornehmen. Alternativ kann das Unternehmen, falls dieses weiss, wo die Kundschaft ihren Wohnsitz hat, die nicht abgeholten Gegenstände gestützt auf das gesetzliche Retentionsrecht mittels «Betreibung auf Pfandverwertung» verwerten lassen.
 

1.   Vorgehen bei Gläubigerverzug (gemäss Art. 91 ff. OR)

Das Gesetz regelt den Gläubigerverzug in Art. 91 – 95 OR. Dieser liegt vor, wenn der Gläubiger (die Kundschaft) sich in objektiv ungerechtfertigter Weise weigert, bei der Erfüllung mitzuwirken oder die vom Schuldner angebotene Leistung (ungerechtfertigt) anzunehmen.

Voraussetzung für den Gläubigerverzug ist, dass das Unternehmen der Kundschaft die Abholung der reparierten Ware angeboten hat, diese aber die Ware grundlos nicht abholt. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, die Kundschaft spätestens in einem zweiten Schritt schriftlich zu informieren, dass die Ware abholbereit ist. Holt die Kundschaft die Ware dennoch nicht ab, stehen dem Unternehmen nachfolgende Handlungsoptionen zur Verfügung. 

1.1   Recht zur Hinterlegung gemäss Art. 92 OR

Befindet sich der Gläubiger (die Kundschaft) in Verzug, so ist der Schuldner (das Unternehmen) berechtigt, die geschuldete Sache auf Gefahr und Kosten des Gläubigers zu hinterlegen und sich dadurch von seiner Verbindlichkeit zu befreien. Den Ort der Hinterlegung hat der Richter (des Gerichts am Erfüllungsort) zu bestimmen. 

Die Hinterlegung löst jedoch nicht das Problem der ausstehenden Bezahlung des Kunden, weshalb diese Option nicht zu empfehlen ist.

1.2   Recht zum Selbsthilfeverkauf gemäss Art. 93 OR

Alternativ zur Hinterlegung ist das Unternehmen gemäss Art. 93 OR berechtigt, nach vorgängiger Androhung und Bewilligung des Richters die Sache öffentlich verkaufen zu lassen und den Erlös zu hinterlegen. 

Das Unternehmen hat dabei folgendermassen vorzugehen:

  1. Der Selbsthilfeverkauf muss der Kundschaft angedroht werden (aus Beweisgründen immer schriftlich per Einschreiben). Wenn Identität oder Adresse der Kundschaft unbekannt sind, kann die Androhung mittels öffentlicher Publikation (z.B. Kantonsblatt / Amtsblatt am Sitz des Fachgeschäfts) erfolgen. Ungewiss bleibt aber, ob eine solche öffentliche Androhung vom Gericht als ausreichend erachten wird!

    Um dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, den Selbsthilfeverkauf zu verhindern, ist ihm dieser vorgängig anzuzeigen. Dem Gläubiger ist zudem eine angemessene Frist anzusetzen, innert welcher er/sie tätig werden muss – entweder, indem er/sie die ihm/ihr obliegende Tätigkeit (beispielsweise die Abholung der Sache) vornimmt, oder zumindest eine Sicherheit für die bereits entstandenen und voraussichtlich bis zur Beendigung des Gläubigerverzugs entstehenden Aufbewahrungs- und Erhaltungskosten stellt. Auch hinsichtlich der Frage, wie lange die Frist sein muss, damit sie als angemessen gilt, müssen die Umstände des Einzelfalls massgeblich sein, wobei eine Mindestfrist von 30 Tagen seit dem Zugang der Androhung des Selbsthilfeverkaufs in der Regel ausreichen dürfte. Bleibt der Gläubiger trotz der Androhung untätig, hat er/sie sich stillschweigend mit dem Selbsthilfeverkauf einverstanden erklärt und muss auch die Folgen eines nicht optimalen Verkaufsergebnisses tragen.
     
  2. Der Selbsthilfeverkauf setzt eine Bewilligung des Gerichts (Bezirksgericht/Zivilgericht am Sitz des Fachgeschäfts) voraus. Das Gericht bestimmt den Versteigerungsort und prüft, ob sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind.
     
  3. Wenn der Richter die Bewilligung zum Selbsthilfeverkauf erteilt hat und die öffentliche Versteigerung der Sache erfolgt ist, kann das Unternehmen den Erlös mit seiner Werklohnforderung (zzgl. Gerichtskosten und Verwertungskosten) verrechnen. Resultiert aus dem Verkaufserlös ein Überschuss, ist dieser beim Gericht für den/die Kund:in zu hinterlegen. Es ist dem Unternehmer unbedingt zu empfehlen, an der Versteigerung teilzunehmen, um zu verhindern, dass der Gegenstand unter Preis verkauft wird. 
     
  4. Es kann sein, dass das Gericht das Unternehmen von einem öffentlichen Verkauf oder gar einer vorgängigen Androhung an die Kundschaft dispensiert, z.B. wenn der Wert des Schmuckstückes resp. der Uhr sehr gering ist (Art. 93 Abs. 2 OR).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Selbsthilfeverkauf insbesondere aufgrund der erforderlichen gerichtlichen Bewilligung als aufwändig und kostspielig erweist. Die Kosten für das Bewilligungsverfahren und den öffentlichen Verkauf sind vom Unternehmer vorzuschiessen. Bei Gegenständen von geringem Wert empfiehlt sich daher ein Selbsthilfeverkauf nicht. 

Die praktische Bedeutung des Selbsthilfeverkaufs ist deshalb gering geblieben.
 

2.   Alternative: Betreibung auf Pfandverwertung gestützt auf das Retentionsrecht gemäss Art. 895 ff. ZGB

Das Retentionsrecht wird in den Artikeln 895–898 ZGB geregelt. Beim Retentionsrecht handelt es sich um ein gesetzliches Fahrnispfandrecht. Es berechtigt den Gläubiger einer Geldforderung (zum Beispiel eine noch offene Reparaturrechnung), den zurückgelassenen Gegenstand bis zur Befriedigung dieser Forderung zurückzubehalten (Art. 895 Abs. 1 ZGB).

Das gesetzliche Retentionsrecht (Zurückbehaltungsrecht) berechtigt das Unternehmen als Gläubiger einer Forderung (z.B. nicht bezahlte Reparaturkosten), das nicht abgeholte, reparierte Schmuckstück resp. die Uhr als Faustpfand zurückzubehalten und in der Folge verwerten zu lassen (Art. 895 ff. ZGB). Damit Schmuckstück resp. Uhr letztlich verwertet werden können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Es muss eine offene Forderung gegenüber dem/der Kund/in bestehen (z.B. nicht bezahlte Reparaturkosten). Die offene Forderung muss zudem fällig sein und mit dem zurückbehaltenen Gegenstand (Schmuckstück resp. Uhr) in Zusammenhang stehen.
     
  2. Da sich der nicht abgeholte Gegenstand in der Regel mit Willen der Kundschaft im Besitz des Unternehmens befindet (da zur Reparatur überlassen), ist diese Voraussetzung grundsätzlich jeweils erfüllt.
     
  3. Das Unternehmen sollte wissen, wo die Kundschaft den Wohnsitz hat. Der/die Kund:in muss nämlich vor der Verwertung durch das Unternehmen benachrichtigt werden (Art. 898 Abs. 1 ZGB) und der Zahlungsbefehl muss dem/der Kund:in durch das Betreibungsamt zugestellt werden können. 

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Kundschaft ihrer Verpflichtung (Bezahlung der ausstehenden Forderung sowie Abholung der reparierten Sache) nicht nachkommt, kann das Unternehmen das Schmuckstück resp. die Uhr auf dem Weg der Betreibung auf Pfandverwertung verwerten lassen und daraus seine Forderung decken. Es ist dem Unternehmer unbedingt zu empfehlen, an der Pfandverwertung teilzunehmen, um zu verhindern, dass der Gegenstand unter Preis verkauft wird.
 

2.1   Betreibung auf Pfandverwertung gemäss Art. 151 ff. SchKG (Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs)

Möchte das Unternehmen das nicht abgeholte Schmuckstück resp. die Uhr nicht länger aufbewahren und zur Deckung seiner offenen Forderung verwerten, muss er wie folgt vorgehen:

  1. Das Unternehmen muss beim Betreibungsamt am Wohnsitz der Kundschaft ein Betreibungsbegehren (mit Angaben zum Pfandgegenstand, namentlich Schmuckstück oder Uhr) einreichen (Art. 67 ff. SchKG).
     
  2. Nach Eingang des Betreibungsbegehrens stellt das Betreibungsamt der Kundschaft einen Zahlungsbefehl zu, mit der Aufforderung innert 20 Tagen die ausstehenden Reparaturkosten zuzüglich Betreibungskosten zu bezahlen (Art. 69 Abs. 2 SchKG). Üblicherweise erhebt der Kunde in der Folge ohne Begründung einen sog. Rechtsvorschlag (Art. 74 ff. SchKG). 
     
  3. Um die Betreibung fortzusetzen, muss das Unternehmen den Rechtsvorschlag durch einen Rechtsöffnungstitel beim Gericht beseitigen lassen (Art. 79 ff. SchKG). 

Ein gerichtliches Verfahren ist mit Kosten verbunden, welche das Unternehmen wiederum vorschiessen muss. Die Höhe der jeweiligen Gebühren und Entschädigungen ergibt sich aus der Gebührenverordnung zum SchKG (GebV SchKG): Neben den allgemeinen Bestimmungen, die für alle SchKG-Bereiche gelten (Art. 1-15), finden sich in der Gebührenverordnung die detaillierten Gebühren des Betreibungsamts (Art. 16-42), des Konkursamts (Art. 43-47) und der Gerichte (Art. 48-62).

Aus dem Verwertungserlös werden vorab die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung und die Verteilung bezahlt. Der verbleibende Reinerlös wird der Gläubigerin oder dem Gläubiger bis zur Höhe ihrer bzw. seiner Forderung einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten ausgerichtet 

Reicht der Erlös nicht aus, um die Forderung der Gläubigerin oder des Gläubigers vollumfänglich zu decken, erhält sie bzw. er für den ungedeckt gebliebenen Betrag einen Pfandausfallschein. Dieser berechtigt die Gläubigerin oder den Gläubiger, binnen Monatsfrist seit Zustellung ohne neues Einleitungsverfahren gegen die Schuldnerin oder den Schuldner vorzugehen. Sie bzw. er kann also für den ungedeckt gebliebenen Betrag direkt ein Pfändungsbegehren oder – bei einer Konkursschuldnerin oder einem Konkursschuldner (Art. 39 SchKG) – ein Begehren um Konkursandrohung stellen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Zurückbehaltung einer nicht abgeholten Sache mit anschliessender Betreibung auf Pfandverwertung ein möglicher Weg ist, um sich von der Aufbewahrungspflicht zu befreien und gleichzeitig eine offene Reparaturrechnung sowie allfällige Aufbewahrungskosten erstattet zu bekommen. 

Dieses Vorgehen ist jedoch nur zu empfehlen, wenn das zu verwertende Schmuckstück resp. die Uhr einen so hohen Wert hat, dass sämtliche Kosten (Reparatur-, Aufbewahrungs- sowie Betreibungskosten, welche das Unternehmen vorzuschiessen hat) damit gedeckt werden können. 

Bei unbekannter Identität oder Adresse der Kundschaft gestaltet sich eine Betreibung auf Pfandverwertung noch schwieriger. In Betracht kommt allenfalls eine Betreibung am Ort des Unternehmens mit Zustellung des Zahlungsbefehls durch öffentliche Bekanntmachung (z.B. im Kantons-/Amtsblatt). Dieses Verfahren verursacht infolge der Publikation des Zahlungsbefehls noch höhere Kosten, wobei das Unternehmen auch hier vorschussweise für sämtliche Kosten aufzukommen hat.
 

3.  Alternative: Private Verwertung aufgrund vertraglicher Regelung

Die Bestimmungen über den Gläubigerverzug sind dispositiver also nicht zwingender Natur. Es steht den Parteien deshalb frei, eine eigene, vorgängige Regelung für die betreffende Situation zu treffen. Gerade bei den klassischen Reparaturaufträgen bietet es sich deshalb an, eine vertragliche Regelung für den Fall der Nichtabholung (vgl. Formulierungsvorschlag unterhalb) vorzusehen. 

Typischerweise umfasst eine solche Regelung die folgenden Elemente:

  • Vereinbarung einer Frist: Beispielsweise drei Monate nach dem vereinbarten Abholtermin oder der entsprechenden Abholaufforderung
  • Regelung der Rechtsfolge, falls innerhalb der Frist keine Abholung erfolgt: Hier kann vorgesehen werden, dass die Aufbewahrungspflicht erlischt bzw. der Aufbewahrer ein Recht zur Entsorgung bzw. zur Verwertung erhält. 
  • Auch die Verwendung eines allfälligen Verwertungserlöses kann festgelegt werden (insbesondere die Verrechnung mit den Reparatur- und Aufbewahrungskosten sowie die Aushändigung eines allfälligen Mehrerlöses).

Oft befinden sich in den Fachgeschäften diverse reparierte, nicht abgeholte Wertgegenstände. In der Regel bestehen in diesem Zusammenhang auch diverse offene Werklohnforderungen (Reparaturkosten). 
 

Pragmatischeren Vorgehensweise, die rechtlich nicht ganz risikolos ist

Wenn keine schriftliche Vereinbarung mit der Kundschaft besteht, wonach ein Wertgegenstand bei Nichtabholung vom Unternehmen privat verwertet werden darf, muss die ausstehende Werklohnforderung korrekterweise auf dem Weg der Betreibung auf Pfandverwertung eingefordert werden. Da dieses Vorgehen sehr aufwändig und kostspielig ist, hat das Unternehmen auch die Möglichkeit einer etwas pragmatischeren Vorgehensweise, welche aus juristischer Sicht jedoch nicht ganz unbedenklich ist.

Dazu schreibt das Unternehmen alle Kund:innen, welche Schmuckstücke resp. Uhren nicht abgeholt haben, per Einschreiben an und setzt ihnen eine Frist zur Abholung der Ware. In diesem Schreiben hat das Unternehmen die Kunden des Weiteren anzudrohen, dass die Ware bei Nichtabholung innert Frist durch dieses verkauft werde.

Sollte ein/e Kund:in den eingeschriebenen Brief nicht abholen, kann das Unternehmen dem/der Kund:in die Frist zur Abholung und die Androhung der privaten Verwertung mittels öffentlicher Publikation (z.B. Kantons-/Amtsblatt) bekannt machen.

Meldet sich ein/e Kund:in in der Folge nicht, steht es dem Unternehmen frei, das Schmuckstück resp. die Uhr zu verkaufen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Interessen des/der Kund:in insofern berücksichtigt werden, als dass die Ware zu einem objektiv angemessenen Preis verkauft wird. Diese darf zur Beschleunigung der Angelegenheit nicht erheblich unter ihrem Wert verkauft werden.  Wie bereits erwähnt, ist dieses Vorgehen rechtlich nicht ganz korrekt. Das Risiko, dass sich ein/e Kund:in gegen dieses Vorgehen – erst nach erfolgtem Verkauf – zur Wehr setzt, muss im Einzelfall von jedem Fachgeschäft selbst in Kenntnis der entsprechenden Kundschaft abgewogen werden. 

Der Verkaufserlös, welcher die Reparatur-, Mahn- und Verwertungskosten des Unternehmers übersteigt, ist zuhanden des Kunden aufzubewahren und steht diesem grundsätzlich zu. In der Praxis ist es wohl unwahrscheinlich, dass eine Kundschaft, welche ihre Ware seit Jahren nicht abgeholt und auf die Ankündigung des freihändigen Verkaufs nicht reagiert hat, den Überschuss aus dem Verkaufserlös noch einfordert.
 

4.  Empfehlung: Vorgängig den Fall der Nichtabholung vertraglich regeln

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen ist festzuhalten, dass ein Verkauf resp. eine Verwertung nicht abgeholter Schmuckstücke oder Uhren in jedem Fall eine aufwändige und kostspielige Angelegenheit ohne Erfolgsgarantie darstellt. Zudem kommt es immer wieder vor, dass die Kundschaft im Nachhinein behauptet, sie habe keinen Reparaturauftrag erteilt, sondern lediglich einen Kostenvoranschlag einholen wollen. In diesem Fall muss das Unternehmen resp. das Fachgeschäft den Bestand eines Werkvertrages gemäss Art. 363 ff. OR beweisen

Um solche Situationen für die Zukunft zu vermeiden, empfiehlt es sich, einen Reparaturauftrag immer schriftlich abzuschliessen und eine ausdrückliche vertragliche Regelung für den Fall der Nichtabholung vorzusehen. Dadurch kann die Kundschaft im Nachhinein auch nicht geltend machen, sie habe keinen Reparaturauftrag erteilt, sondern lediglich einen Kostenvoranschlag einverlangt.

Dazu genügt beispielsweise eine entsprechende Formulierung auf dem Abholschein (vgl. Formulierungsvorschlag unterhalb). Dieser ist von der Kundschaft unterzeichnet, im Original beim Unternehmen als Beweisstück aufzubewahren. 

Im Fall der Nichtabholung ist die Auftragsbestätigung resp. der Abholschein während mindestens 10 Jahren aufzubewahren. Vorab ist mit der Kundschaft zu vereinbaren, wie diese über die Fertigstellung der Reparatur zu benachrichtigen ist (im Voraus vereinbarter Abholtermin oder Abholaufforderung). 


Formulierungsvorschlag für den Abholschein:

Sollte die unterzeichnende Kundschaft die zur Abholung bereitliegende Ware [Bezeichnung der Ware] auch nach eingeschriebener Mahnung an die angegebene Adresse mit Fristansetzung nicht abholen, so ist das Fachgeschäft berechtigt, seinen Werklohn (zuzüglich Mahn- und Verwertungskosten) ohne weitere Benachrichtigung durch private Verwertung der Ware zu befriedigen. 

Ein allfälliger Überschuss aus Verkaufserlös bleibt während eines Jahres im Fachgeschäft zur Abholung durch den Kunden bereit. Nichtgedeckte Forderungsansprüche (Reparatur-, Mahn- und Verwertungskosten) bleiben durch die Kundschaft geschuldet.

Reparaturauftrag zu obenstehenden Konditionen erteilt:

 

Adresse und Kontaktdaten der Kundschaft: ______________________

Name und Unterschrift der Kundschaft: ______________________

Ort, Datum: ______________________


Für grössere Unternehmen (Uhrengeschäfte, Bijouterien, Goldschmied:in) kann sich eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als praktisch erweisen. Wichtig ist, dass die Kundschaft vor Vertragsschluss auf die AGB hingewiesen wird und die Möglichkeit hat, inhaltlich von den AGB Kenntnis zu erhalten. Die AGB müssen ausserdem Vertragsbestandteil sein. 

Auch die Abholung sollte durch die Kundschaft unterschriftlich bestätigt werden. So kann sie nicht später behaupten, das Fachgeschäft habe ihr das Schmuckstück resp. die Uhr nicht ausgehändigt. Für einen solchen Fall ist zwingend der Abholschein (während mind. 10 Jahren) aufzubewahren. 
 

Rechtsdienst des VSGU

Falls Sie weitere Fragen oder Unklarheiten haben, wenden Sie sich bitte an den Rechtsdienst des VSGU über info@vsgu-ashb.ch oder 041 926 07 92. Unsere Jurist:innen antworten Ihnen gerne.

Dieser Artikel wurde im November 2024 publiziert.

Roman Obrist, lic. iur., MAS; Rechtsdienst VSGU-ASHB

04. Nov.. 2024 • VSGU-ASHB • Rechtsberatung
Fachartikel
So schützen Sie Ihr Geschäft vor missbräuchlichen Mietzinsforderungen

Bleiben Sie informiert und sichern Sie sich das bestmögliche Mietverhältnis für Ihr Geschäft!

Wie können Sie sich vor missbräuchlicher Mietzinsgestaltung schützen und Mietzinserhöhungen anfechten?

Im Mietrecht gibt es Schutzmechanismen, um Mieter vor missbräuchlicher Mietzinsgestaltung zu bewahren. Ein Mietzins ist missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder er auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht (Art. 269 OR). Geschäftliche Mieter sollten folgende Punkte beachten:

  1. Begründung der Erhöhung: Der Vermieter muss eine Mietzinserhöhung schriftlich (mit amtlichem Formular) begründen. Diese Begründung sollte nachvollziehbar und auf tatsächlichen Kostensteigerungen oder Investitionen basieren.
  2. Fristen einhalten: Eine Mietzinserhöhung muss mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist schriftlich mitgeteilt werden. Die Erhöhung tritt erst nach Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft.
  3. Anfechtung: Innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Mietzinserhöhung können Sie diese bei der Schlichtungsbehörde für Mietangelegenheiten anfechten. Es ist ratsam, alle relevanten Unterlagen und Vergleichsdaten bereitzuhalten, um Ihre Position zu untermauern.
  4. Rechtsberatung: Ziehen Sie in Erwägung, sich rechtlich beraten zu lassen, insbesondere wenn die Mietzinserhöhung erheblich ist oder wenn es sich um eine strategisch wichtige Geschäftsfläche handelt. 

Als VSGU-Mitglied profitieren Sie von kostenloser Rechtsberatung durch unsere ausgewiesenen Juristen, die entsprechende Branchenerfahrung mitbringen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Verteidigung Ihrer Rechte. Sie erreichen uns per E-Mail über info@vsgu-ashb.ch oder telefonisch über 041 926 07 92.

Was ist Geschäftsmiete und welche Besonderheiten gibt es?

Als Geschäftsraum im Sinne des Mietrechts ist jeder Raum zu betrachten, der vereinbarungsgemäss den Betrieb eines bestimmten Gewerbes oder der Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit dient (Verkaufsräume, Büros, Werkstätten etc.). Dabei ist nicht erheblich, ob diese haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird oder gewinnbringend ist. Entscheidend ist, welchen Gebrauch die Parteien vereinbart haben.

Sondervorschriften für die Vermietung von Geschäftsräumen

Die Bestimmungen des Mietrechts gemäss Art. 253 ff. OR gelten sowohl für die Miete von Wohn- als auch Geschäftsräumen. Bei der Vermietung von Geschäftsräumen gelten jedoch zahlreiche Sondervorschriften, die man als Mieter kennen muss. Vorliegend wird auf ausgewählte Aspekte eingegangen.

Auch wenn ein Mietvertrag grundsätzlich formlos, d.h. auch mündlich abgeschlossen werden kann, ist die Schriftlichkeit aus Beweis- und Transparenzgründen immer zu empfehlen.

Wann ist eine Indexmiete zulässig und wie wird sie korrekt angewendet?

Die Vereinbarung, dass der Mietzins einem Index folgt, ist nur gültig, wenn der Mietvertrag für mindestens fünf Jahre abgeschlossen und als Index der Landesindex der Konsumentenpreise vorgesehen wird. Solange die Indexierung gilt, muss eine Mietzinsanpassung mit einer Frist von 30 Tagen auf ein Monatsende hin angekündigt werden. Wird das Mietverhältnis als unbefristet fortgesetzt, so gilt die Indexierung nicht mehr.

Wie bestimmen Sie den orts- und quartierüblichen Mietzins richtig?

Nach Art. 11 VMWG (Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen) kann der Vergleich des Mietzinses mittels quartierüblicher Quadratmeterpreisen gleichartiger Objekte erfolgen. Gemäss Art. 11 Abs. 1 VMWG beurteilt sich ein ortsüblicher oder quartierüblicher Mietzins nach Mietzinsen für andere Wohn- oder Geschäftsräume, die nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode mit dem konkret interessierenden Mietobjekt vergleichbar sind (im Sinne von Art. 269a lit. a OR).

Gerade bei allfälligen Mietzinserhöhungen ist zu beachten, dass die Gerichtspraxis sehr hohe Anforderungen an die Vergleichbarkeit stellt. So verlangt sie mindestens fünf Vergleichsobjekte; die Lage wird definiert durch die Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen oder Naherholungsgebieten. Mit Bezug auf die Grösse der Vergleichsobjekte wird eine Abweichung von bis zu 20% toleriert. Schon geringfügige Unterschiede betreffend die Ausstattung führen dazu, dass die Objekte sich nach der Gerichtspraxis zum Vergleich nicht mehr eignen. Bezüglich Zustand wird auf Art, Zeitpunkt und Umfang allfälliger Renovationen abgestellt. Bei der Bauperiode werden Abweichungen von 10 Jahren, bei älteren Bauten von 20 Jahren zugelassen. Insgesamt haben die (sehr hohen) Anforderungen der Gerichtspraxis an den Nachweis der Orts- oder Quartierüblichkeit dazu geführt, dass dieses Kriterium faktisch aus dem Gesetz eliminiert worden ist. Mit Aussicht auf Erfolg kann die Orts- und Quartierüblichkeit wohl nur noch in städtischen Gebieten mit einer Vielzahl von zum Vergleich geeigneten Mietobjekten angerufen werden, wobei selbst in städtischen Gebieten grösste Beweisschwierigkeiten bestehen.

Was müssen Sie über das Retentionsrecht des Vermieters wissen?

Gemäss Art. 268 OR hat die Vermieterschaft für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören. Ausgeschlossen ist das Retentionsrecht an Sachen, die durch die Gläubiger des Mieters nicht gepfändet werden könnten.

Welche Fristen und Formalitäten sind bei der Kündigung von Geschäftsräumen zu beachten?

Mietverträge können befristet und unbefristet abgeschlossen werden. In der Regel werden sie unbefristet abgeschlossen und können unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Bei Geschäftsräumen beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist sechs Monate (Art. 266d OR). Diese Fristen dürfen nicht unterschritten werden.

Im Rahmen der Miete von Geschäftsräumen fällt der Kündigungstermin gemäss Gesetz auf das Ende einer jeweils dreimonatigen Mietdauer. Formularverträge sehen allerdings häufig als Kündigungstermine Ende März, Ende Juni und Ende September vor. Werden vertragliche bzw. gesetzliche Kündigungstermine oder -fristen nicht eingehalten, so ist die Kündigung dennoch gültig, entfaltet jedoch erst Wirkung auf den nächstmöglichen Termin. Für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohn- oder Geschäftsräume gelten besondere Formvorschriften. Mieter müssen schriftlich kündigen. Vermieter müssen dagegen das amtliche Formular verwenden. Wenn die gesetzlichen Formvorschriften nicht beachtet werden, so entfaltet eine Kündigung keine Wirkungen. Eine Ausnahme gilt allerdings für die Kündigung des Mieters: Die vorzeitige Rückgabe der Sache bei gleichzeitigem Angebot eines zumutbaren, sprich solventen Ersatzmieters ist auch dann möglich, wenn sie nicht schriftlich angekündigt wird.

Warum ist eine präzise Angabe des Verwendungszwecks so wichtig?

Der Zweck der Nutzung muss genau beschrieben sein, damit später keine Missverständnisse entstehen. Über sämtliche Änderungen oder Erweiterungen des vereinbarten Verwendungszwecks ist der Vermieter vorgängig schriftlich zu informieren. Weitgehende Änderungen oder Erweiterungen des Verwendungszwecks bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Vermieters.

Welche Details sollten bei der Beschreibung des Mietobjekts beachtet werden?

Bei der Bezeichnung des Mietobjektes ist darauf zu achten, dass diese stimmt. Insbesondere müssen die Räume, Nebenräume, Parkplätze genau bezeichnet werden. Falls die Grösse in Quadratmetern angegeben wird, muss diese stimmen; ansonsten hat die Mieterschaft bei fehlenden Quadratmetern das Anrecht auf eine Reduktion oder die geforderten Quadratmeter.

Wie beeinflusst die Rechtsform des Mieters Ihre Haftung?

Bei der Benennung der Parteien ist es wichtig, diese genau zu bezeichnen. Bei der Mieterschaft muss insbesondere auf die Rechtsform geachtet werden, also ob es sich um eine Einzelperson, einfache Gesellschaft, GmbH, Verein, Aktiengesellschaft etc. handelt. Dies hat grossen Einfluss auf die Haftung. Falls der Vermieter vertreten sein sollte, muss bedacht werden, dass die Vertretung nie der Vermieter sein kann.

Für weitere Informationen und Auskünfte wenden Sie sich an unseren Rechtsdienst VSGU über info@vsgu-ashb.ch oder telefonisch über 041 926 07 92.

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